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Ruine Dorneck

Aus der engen Burgenkette vom Rhein zum Jurablauen ragt die Ruine Dorneck wegen der Ausdehnung der Anlage und der historischen Bedeutung in besonderem Masse hervor.

Ihr Ursprung und das Gründergeschlecht bleiben Vermutung. Auf Grund der Keramikfunde muss schon im 11. Jahrhundert eine Burg bestanden haben. 1360 verkaufte Graf Sigmund II. von Thierstein-Farnsburg seine «Burg ze Tornegg» mit allem Zubehör an Herzog Rudolf IV. von Österreich und empfing sie als Erblehen zurück. 1384 sah sich die Witwe Sigmunds gezwungen, ihrem Lehensherrn, Herzog Leopold, ausser der Burg das halbe Dorf Dornach und das (ganze?) Dörfchen Gempen zu veräussern. Aber auch Österreich vermochte den neu erworbenen Besitz nicht zu halten. Schon nach zehn Jahren verpfändete Herzog Leopold IV. die Burg Dorneck dem Basler Bürger Henman «dem Efringer». In der Folge teilten sich die Efringer mit den Grafen von Thierstein in die Herrschaft Dorneck. 1485 erwarb Solothurn in geschickten Verhandlungen von Bernhard von Efringen «die burg genant Dornegk». Zwei Jahre später einigten sich Solothurn und die Grafen von Thierstein dahin, dass die Stadt die Burg für sich allein besitze, die Gerichte zu Dornach und Gempen jedoch von beiden Partnern im Kondominat ausgeübt werden sollten. Erst 1502, nach dem Schwabenkrieg, verkauften die verschuldeten Thiersteiner ihren Anteil an Solothurn. Während der folgenden 300 Jahre residierten nacheinander 60 Vögte auf Dorneck. Die Burg blieb - im Gegensatz zu den andern solothurnischen Landvogteisitzen - bis zu ihrem Untergang, 1798, eine Festung, die beträchtlich ausgerüstet war und bei allen Bedrohungen der Grenze vom Rhein und vom Elsass her eine verstärkte Besatzung erhielt.

Baugeschichte und Beschreibung
Die auch als Ruine noch äusserst imponierende Anlage erhebt sich östlich von Dornach aus den alten Rebenäckern auf einem schmalen, nach Nordosten hinaufstreichenden Felsband. Vermutlich wurde die Burg durch die Thiersteiner Grafen im 13. Jahrhundert erbaut und zerfiel im Basler Erdbeben. Topographisch genau erfasst ist das Äussere auf dem grossen Holzschnitt der Schlacht. Danach zeigte der Hauptbau schon damals die Formen, welche an der heutigen Ruine noch abzulesen sind. Nur die Akzente wurden später verschoben, die Aussenwerke vermehrt. Die Burg bestand aus dem dominierenden Bergfried, von einer hölzernen Laube mit Zeltdach abgeschlossen, dem südwestlichen Hexenturm und der dazwischenliegenden Palasfront mit Söller und Wehrgang. Die gefährdete Nordseite war verstärkt durch drei halbrund ausspringende, turmartige Befestigungen. Sie wurden bei der Belagerung von 1499 beschädigt, wie auch das Vorwerk. Die Ostflanke dürfte - im Vertrauen auf den steilen Felsabfall - ebenso ungenügend geschützt gewesen sein wie die Gegenseite. Sicher ist, dass die Burg beim Übergang an Solothurn in schlechtem Zustand war. Die innere Gliederung zu jener Zeit bleibt ungewiss. Nach dem Schlachtprospekt lagen die Wohnräume schon damals an der Westseite. Auch sind Hauskapelle und Zisterne bezeugt.

Gleich nach dem siegreichen Ausgang der Schlacht nimmt Solothurn die Wiederherstellung und Verstärkung der Burg fest an die Hand. Noch im Jahre 1499 verdingt die Stadt ihrem aus dem Prismell eingewanderten Werkmeister Hans Gibelin neben verschiedenen Reparaturen im Innern,

  • die Erstellung des Zwingers vor der Westseite
  • einen alles überragenden Turm mit 8 Schuh dicken Zinnen (wohl an der Nordseite)
  • ein gegen das alte Schloß hin offenes «Bollwerktürmli»
  • den späteren Kapellenturm

und den um 1780 erneuerten Zwillingsturm an der Südecke. Im April des nächsten Jahres erfolgt, ebenfalls an Gibelin vergeben, der Ausbau der vom natürlichen Schutz entblössten Nordseite, beginnend mit dem Abbruch und Neuaufbau des zinnenbewehrten Vorhofes und einem 80 Schuh hohen Eckturm (wohl einem Vorläufer der kleinen Bastion). Ein zweiter Turm, «dem hus zue beschirmung», sollte halb in der Umfassungsmauer stehen, sehr fest und höher als die übrigen Bauten sein. Es dürfte sich um den leicht ausbiegenden Flankenturm des inneren Burgtores handeln, woran sich um 1545 das grosse Bollwerk schliesst. Der Bergfried erhält den charakteristischen, nach innen gebogenen Zinnenkranz, der kurz darauf auch in Solothurn (Baseltor, Ritter und "Muttitürme") auftaucht und später das grosse Bollwerk auf Dorneck abschliesst. Der Umfang der Arbeiten ist bedeutend grösser als vorgesehen; die Stadt zahlt allein dem Meister Gibelin fast 2000 Pfund an Geld. Im Jahre 1509 kommt der Ausbau des Palas mit Fachwerk, Täfer und Heizung. Gleichzeitig soll «das nüw Werch Zü dornegk Zwüschen den Türnen glich hoch mit Zinnen unnd venstren» versehen werden. Der Rat verdingt die Arbeiten Peter Weber und Melchior Jannoly (Joneli) und einem Zimmermann von Gilgenberg zu Basel.

Damit hat der Wohnteil des Schlosses seine endgültige Gestalt erlangt. Erst nach 1543 wird ein neuer Akkord geschlossen mit Meister Hans, dem Maurer von Dornach. Es betrifft die Verstärkung der verwundbaren Nordseite, also den Ausbau des Vorhofes und das bis zur Brustwehr vollständig ausgefüllte grosse Bollwerk, das allein über 3'000 Solothurner Pfund kostet. Der langjährige Vogt Durs Schwaller lässt hier 1546 eine Wappentafel einfügen. Es folgen, vorangetrieben durch die Bedrohung des Schmalkaldischen Krieges, der Bau der kleinen Bastion, der Fallbrücke, die Verstärkung der Ostseite («Hüenerchrätze») und schliesslich ein weiterer Turm, das sogenannte Schnetzhüsli (wohl der spätere Pulverturm an der Südostecke des grossen Bollwerkes). Nach jahrelanger, mühseliger Arbeit stösst man beim früher nur als Zisterne brauchbaren Sodbrunnen 1551 endlich auf Grundwasser, nach dem Chronisten Haffner in 45 Klafter = zirka 85 m Tiefe!

Seit der Mitte des 16. Jahrhunderts beschränken sich die Arbeiten auf den Ausbau und Unterhalt des Schlosses und der nördlich gelegenen Ökonomiegebäude, darunter den Neubau der Scheune (um 1572), des Treppenturmes beim Sod (1584) und - im Dreissigjährigen Krieg, 1634 - auf die Verstärkung der Südseite, unter anderem durch einen neuen Turm. Die Kapelle wird mehrmals verlegt und erneuert: 1583 soll der Vogt das «Sacelli auf dem broot gaden zurüsten»; 1605 wird eine Gesindestube eingerichtet, wo die alte Kapelle war; 1706 erhält Gemeinmann von Roll die Weisung zu «sehen, ob nicht das Kirchlein an einem bequemeren Orth daselbsten einzurichten» wäre, worauf es wohl erst in den mittleren Turm der Ostseite auf die Höhe der Laube verlegt wird. 1763 zeichnet Jakob Umher einen unausgeführten Riss für einen vollständigen Neubau. Erst 23 Jahre später werden nach einem Projekt des «Inspectors» Paolo Antonio Pisoni in den dreistöckigen Halbturm eine neue, gewölbte Kapelle und darüber ein Archiv eingebaut. Dies sind die letzten grösseren Bauarbeiten in der Festung, die am Tage der Kapitulation Solothurns, am 2. März 1798, den Franzosen nach heftiger Beschiessung in die Hände fällt. Die Burg wird ausgeplündert und angezündet und später als Steinbruch benutzt. Sie ist im 19. Jahrhundert ein beliebtes Motiv für Vedutenzeichner.

Im Zusammenhang mit der Schlachtfeier von 1899 erwachte endlich auch das historische Interesse an der Ruine. Die Gemeinde schenkte sie dem Staat, der sie 1903 ausräumen und sichern liess, sich einer Rekonstruktion jedoch widersetzte. 1932 erfolgten die letzten umfassenden Konservierungsarbeiten. Seit dieser Instandstellung wurde die Ruine kaum oder nur mit geringsten Mitteln unterhalten. Demzufolge ist das Mauerwerk teilweise ausgewaschen, Ausbuchtungen und Risse wurden beobachtet. Zudem drohte die Gefahr von herunterfallenden Steinen. Im Jahr 1997 beschloss der Regierungsrat, an der Burganlage die notwendigen Restaurierungs- und Sicherungsmassnahmen vorzunehmen, damit der historische Bestand erhalten bleibt. Nach zweijährigen Sanierungsarbeiten steht die Ruine Dorneck den Besucherinnen und Besuchern wieder offen.

Rundgang

Rundgang
Von Dornach aus gesehen erheben sich die Mauern der Ruine Dorneck als grün umwachsene Kulisse zwischen dem Goetheanum und der Felsenkuppe von Gempen, deren Umrisse der zyklopische Betonbau nachzieht. An Gärten und Wiesen vorbei steigt man zum kleinen Sattel nördlich der Ruine empor, wo sich früher Oekonomiegebäude, Pferdeschwemme und Krautgarten [24] befanden.

Die Zugangsrampe [1] führt über die Fallbrücke am ehemaligen äusseren Tor [2] gegen den grossen, durch halbrunde Türme verstärkten Zwinger [3]. Durch den - 1903 rekonstruierten - Spitzbogen des ehemaligen Torhauses [4] erreicht man den äusseren Hof [5], welcher durch das kleine Bollwerk [6] nach der schwachen Seite hin geschützt war. Es wird beherrscht von der hohen Quadermauer des grossen Bollwerkes [7] mit der Wappentafel von 1546 und der Aufschrift «DVRS SWALLER DER ZIT VOGT» (Urs Schwaller war 1538-48 Landvogt zu Dorneck). Von den zum Teil in die Felsen gehauenen Stallungen [8], ursprünglich im nördlichen Halsgraben angelegt, sind grössere Mauerreste wiederhergestellt. Entlang dem grossen Bollwerk und dem Torflankenturm [9] wird das innere Tor [11] erreicht.

Beim Aufstieg zum inneren Hof [20] blickt man in den schluchtartigen Graben der Keller [13], die samt der breitangeIegten Treppe zu Beginn unseres Jahrhunderts freigelegt wurde. Darüber lag das Wohngebäude, welches vom Bergfried [12] bis zum zirka 40m entfernten Hexenturm [14] reichte und dessen Stockwerke durch Mauerrücksprünge und Fenster markiert sind. Die Küche (daneben die Überreste eines Backofens) liegt an der südwestlichen Schmalseite [15]. Ein «Hintertürchen» führte zum kleinen Zwinger, zum Halsgraben [22] und den Vorwerken [23]. Der Zwillingsturm an der Südecke [16] wurde kurz vor dem Untergang der Festung erneuert, der Halbturm [17] in der Mitte der starken Längsmauer gegen den Berg hin 1786 kunstvoll zu Kapelle und Archiv umgebaut. Über die verbliebenen paar Stufen des Treppenturmes [10] und ein Holzbrücklein erreicht man heute den Bergfried [12] mit einem Turmstübchen, das eigentlich nur aus drei spitz zulaufenden, 4m langen Fensternischen besteht. Im Untergeschoss des Torflankenturmes [9] befand sich der vielgenannte, mit unsagbarer Mühe 85m durch den Felsen hinab gehauene Sodbrunnen [21], der zu einem kleinen Teil wieder ausgehoben ist. Am grossen Bollwerk hängen zwei Inschriftentafeln; die eine gibt Auskunft über die Geschichte der Burg, die andere erinnert an den tapferen Verteidiger von Dorneck, Benedikt Hugi. Eine Eisentreppe [18] führt zum Obergeschoss des Pulverturmes [19] und auf das Plateau des grossen Bollwerkes. Der Blick in die Runde bringt den Vorzug der Lage und die Mächtigkeit des Burgenbezirkes erst recht zum Bewusstsein.

Nicht der Zauber mittelalterlicher Ritterromantik entsteigt den Ruinen, so will uns hier scheinen, sondern eine Mischung barocker Fülle und Üppigkeit mit ihren grimmigen Schattenseiten, den langen, grausamen Kriegen. Das alte Gemäuer ist noch heute Ausdruck des unbeugsamen Wehrwillens, welcher dem kleinen Stadtwesen weit hinter den Jurabergen innewohnte. Die Burg Dorneck war jahrhundertelang dessen starke Faust.

Herausgegeben von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, im Auftrag des Verkehrs- und Verschönerungsvereins Dornach.

Weitere Informationen siehe unter: www.burgen.ch

Ruine Dorneck
Schlossweg 125
4143 Dornach

Öffnungszeiten

Die Ruine ist von Mitte November bis Mitte März geschlossen.
Ruine Dorneck